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Der französische Autor und Regisseur Jérôme Richer lebt seit rund 15 Jahren in Genf. Als Meister der subtilen Auseinandersetzung mit der Realität stützt er seine Produktionen auf sozialwissenschaftliche Erhebungen ab: 2008 thematisiert Richer u.a. das Ende der Hausbesetzerbewegung in Genf, 2015 lässt er Porno-Stars zu Wort kommen und präsentiert im gleichen Jahr ein gründlich dokumentiertes Stück über die Roma. Um das Stück „Si les pauvres n’existaient pas, faudrait les inventer“ zu schreiben, traf Jérôme Richer rund dreissig Personen, die Prekarität entweder selbst im Alltag erfahren oder mit betroffenen Menschen arbeiten.
Er verfolgt einen ähnlichen Ansatz wie Milo Rau, der ebenfalls Geschichten aus dem wahren Leben verarbeitet. Anders als der Berner Regisseur interessiert sich Jérôme Richer jedoch eher für soziale Mechanismen als für grosse Themen der Weltgeschichte. Der Wahl-Genfer setzt Videos nur sehr sparsam ein. Als dramatisches Fundament dienen ihm Monologe, häufig durchsetzt mit direkten Ansprachen des Publikums, die darauf zielen, Zuschauer*innen aus ihrer Komfortzone zu reissen.
„Si les pauvres n’existaient pas, faudrait les inventer“ wurdevon der Genfer Sektion der Schweizer Menschenrechtsliga (LSDH) zu deren 90. Jubiläum bestellt. Aude Bourrier, Fanny Brunet, Camille Figuereo, Baptiste Morisod und Mathias Glayre verkörpern fünf Figuren, die ein eindrückliches Bild der Armut zeichnen: Wir begegnen einem Maurer, der nach dem Konkurs des Arbeitgebers auf der Strasse steht und in die Prekarität abgleitet. Einer alten Dame, die mit 600 Franken AHV-Monatsrente um ein würdiges Leben kämpft. Einem Archäologen, der nach einer Dienstreise die Tiefen und Erniedrigungen der Arbeitslosigkeit kennenlernt. Oder aber einem arbeitslosen Architekten, der Sozialhilfe beantragt und verblüfft feststellt, dass die staatlichen Dienste dem Hilfesuchenden einen echten Hindernislauf zumuten.
Auch das Bühnenbild – auf dem Boden verstreute abgetragene Kleider, die an gestrandete Körper erinnern – beschreibt die gnadenlose Gesellschaft, in der Wohlstand und Armut sehr nahe beieinander liegen. Die symbolische Grausamkeit dieser unerträglichen Situation wird perfekt verkörpert und demonstriert.
Marie-Pierre Genecand
Text und Regie
Jérôme Richer
Künstlerische Mitarbeit
Olivia Csiky Trnka
Mit
Aude Bourrier, Fanny Brunet, Camille Figuereo, Baptiste Morisod, Cédric Simon
Licht
Joëlle Dangeard
Kostüme
Anna Pacchiani
Produktionsleitung
Maël Chalard
Produktion
Cie des Ombres
Koproduktion
Ligue suisse des droits de l’Homme, Le Grütli – Centre de production et de diffusion des Arts vivants
Mit Unterstützung von
Loterie romande, Fonds d’aide à l’écriture de la SSA, Fonds Action Intermittents, Fonds Mécénat SIG, Fondation Leenaards