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Mit seiner Inszenierung „Les Luttes intestines“ stellt Adrien Barazzone eine fäkale Revolution vor. Der 34-jährige Genfer Regisseur hat zu seiner Verwunderung entdeckt, dass sich in unserem Darm Milliarden von Bakterien befinden, die sogenannte Darmflora, und dass diese Darmflora in unseren grundsätzlich reflektierten Entscheidungen eine wichtige Rolle spielt. So entwirft er ein dreistes Theaterstück, bei dem in Form von enthemmten Plaudereien alles gesagt und alles gezeigt wird. Komisch, unerschrocken frech und theatralisch völlig destrukturiert: Auf den Sturm im ersten Teil folgt im zweiten Teil eine lange Zeit der Ungewissheit. Das grosse Verdienst des Theaterstücks: Es ist genauso unverklemmt wie das Thema, das es behandelt.
Was sehen wir in „Les Luttes intestines“? Ein TV-Studio, oben ein riesiger Kothaufen, darunter diskutieren Wissenschaftler über die Komplexität des menschlichen Verdauungsapparats. Unter den Gästen ist eine unerschrockene Künstlerin, die eine Stuhltransplantation durch nasale Verabreichung durchführt. Ja, richtig: Die Performerin nimmt cremeartig verflüssigte Fäkalien zu sich, um über diesen unüblichen Kanal das Anderssein zu erfahren. Ihr gegenüber redet sich ein Gastroenterologe über diese Zweckentfremdung der medizinischen Methode in Rage, während die übrigen Teilnehmer ihre Gedanken zum Thema Eingeweide beisteuern. Die extravagante Moderatorin in der Mitte verwandelt das verbale Ping-Pong-Spiel in ein skurriles Feuerwerk. Melanie Foulon, David Gobet, Marion Duval, Safi Martin Yé und Marius Schaffter brillieren alle in diesem organisierten Delirium.
Mit Lachsalven ist in Adrien Barazzones Theaterstücken zu rechnen. Der Mitdreissiger, der die Bühnenwelt im Théâtre du Loup in Genf kennenlernte, hat sich mit frechen musikalischen Live-Darbietungen einen Namen gemacht. Seine Vorliebe gilt der Sozialsatire und der Ironie. 2014 schrieb Adrien Barazzone „Sauna“, ein Theaterstück über Umweltfachleute, die auf einem Kongress einen Hass auf die Natur entwickeln, weil sie sich im Wald verirren. Daraufhin widmete er gemeinsam mit zwei Kolleginnen, die wie er die Theaterfachhochschule der Westschweiz absolvierten, 27 verstorbenen Idolen die chaotische Rock-Ballade „Tu nous entends?“. Jedes Werk überzeugt mit schauspielerischen Leistungen und einem ausgeprägten Hang zum Absurden. Adrien Barazzone ist ein Künstler mit Pepp und Schockeffekt.
(Marie-Pierre Genecand)
Konzept und Regie
Adrien Barazzone
Mit
Mélanie Foulon, David Gobet, Esperanza López, Safi Martin Yé, Marius Schaffter
Regieassistenz
Barbara Schlittler
Bühne
Gregory Brunisholz, Anaïde Davoudlarian
Kostüme
Maria Muscalu
Ton
Jérémie Conne
Lumières
Benoît Théron
Produktionsleitung
Christèle Fürbringer
Produktion
L’Homme de dos
Koproduktion
Théâtre du Loup
Premiere am 29. April 2017 im Théâtre du Loup, Genève
Übertitel (deutsch)
Dóra Kapusta