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Der Text von „Transumanze“ ist auf das Wesentliche reduziert: keine Geschichte, sondern mehrere Erzählungen, in denen Nostalgie mitschwingt. Es gibt keine Handlung, sondern Bilder, die Personen statt Figuren in Szene setzen. Wir sehen von Verlust, Verlassensein und Trennung gezeichnete Körper mit der ihnen eigenen Ver- und Entzauberung.
Fünf Personen – drei Frauen und zwei Männer unterschiedlichen Alters und geografischer Herkunft – bringen ungleiche, aber gleichermassen von einer Verletzung geprägte Erfahrungen auf die Bühne. In der Gruppe oder allein konstruieren sie eine zarte, stimmige und poetische Dramaturgie: In der rund einstündigen Aufführung durchqueren die Körper eine Membran, welche die Bühne symbolisch in ein „Diesseits versus jenseits“, in ein „Sein versus Nichtsein“ aufteilt, wobei dem Publikum gleichzeitig Ahnungen und Einblicke in die (persönlichen) Geschichten der Schauspieler und Schauspielerinnen gewährt werden. „Gegenstände haben ein Gedächtnis, auch Gesten, Blicke, Schweigen, Verletzungen und Wörter haben ein Gedächtnis“, erzählt eine der drei Schauspielerinnen, während auf der illusorischen Wand – einer gelungenen szenischen Erfindung – Bilder ablaufen, von alten Fotografien der Vorfahren der Ensemble-Mitglieder, die man an den ähnlichen Gesichtern erkennt – Grosseltern, Mütter, Onkel... „Vielleicht leben sie noch?“, fragt man sich. Und dann tauchen auf dem Bildschirm Kleidungsstücke auf, die auf dem Wasser treiben und uns mit der Erinnerung ins Hier und Heute zu den Tragödien der Gegenwart zurückführen; zu einem schwer zu erzählenden Ende, an das die Regisseurin Cristina Castrillo mit Respekt und Empathie heranführt.
In dieser Stimmung trägt jeder sein Erlebtes bei und lässt auch Raum für Freude, zum Beispiel mit der Projektion eines Gemäldes von Chagall, einer Landschaft voller Licht, die zögerlich der Hoffnung, den Erinnerungen an Harmonie und vielleicht an Glück Platz bietet. Wie in jenem Brief, bei welchem in wackeliger Schrift und fehlerhafter italienischer Grammatik auf die Leinwand geschrieben wird: „Liebe Mama, zuerst ist der Schnee weggegangen und dann alle Frühlingsblumen. Die grosse Hitze hat lange gedauert, aber ich habe mit den anderen gespielt. Jetzt fallen die ersten trockenen Blätter, vielleicht kommst du jetzt und wir sehen uns bald.“
(Tiziana Conte)
Text
Cristina Castrillo
Regie
Cristina Castrillo
Mit
Bruna Gusberti, Massimo Palo, Nunzia Tirelli, Carlo Verre, Irene Zucchinelli
Video
Cristina Castrillo, Mario Conforti
Mitarbeit
Giona Beltrametti, Raffaella Ferloni, Manuel Mainieri
Fotografie
Martina Tritten
Regieassistenz
Camilla Parini
Produktion
Teatro delle Radici
Premiere am 22. September 2017 im Teatro delle Radici, Lugano
Übertitel (deutsch)
Anna Kasten
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