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Bei Regisseurin Karin Henkel (die mit „Amphitryon“ schon zum ersten Schweizer Theatertreffen 2014 eingeladen war) stehen in der Schiffbauhalle die Frauen des Trojanischen Kriegs im Zentrum, Verliererinnen einer Männerkriegswelt: Die geschundene Andromache, die jede Schuld von sich weisende dreifache Helena, die geopferte Iphigenie. Hat sich seit Euripides an den Mechanismen der Macht und des Machtmissbrauchs der Sieger nichts geändert? „Beute Frauen Krieg“ ist der dunkle Dreiklang, wenn die Heldengeschichten von anderer Seite angegangen werden.
Den Anfang des Stücks bekommt das Publikum per Kopfhörer quer durch die Arenabühne der Schiffbauhalle ins Ohr geflüstert, im Mittelteil werden Schiffbauhalle und Publikum dreigeteilt und in einem Triptychon Vor- und Nachgeschichte des Trojanischen Krieges aus Frauensicht erzählt. Ganz intim, wenn die grossartige Carolin Conrad vor karger Mauer berichtet, wie eine Sklavin mit Kind nicht ins Beuteschema Achills passt. Enervierend und mit gezieltem sprachlichem Bruch, wenn Kate Strong, Hilke Altenfrohe und Isabell Menke barbiebunt durch Helenas Kleinbürgerwohnzimmer stöckeln. Peinlich intim wirkt es, wenn Dagna Litzenberger Vinet für den grossen Agamemnon zugerichtet wird. Ob es einen dramaturgischen Unterschied macht für den wieder gemeinsamen fünften Teil nach der Pause, in welcher Reihenfolge man die drei Mittelstücke gesehen hat?
Karin Henkel und ihre Bühnenbildnerin Muriel Gerstner spielen grandios mit den Möglichkeiten der Schiffbauhalle. Das Timing muss stimmen, wenn Figuren von einem Raum in den andern wechseln. Das hervorragende Ensemble agiert blendend, anhand der Einzelschicksale werden die grossen Geschichten miterzählt. Man ist ganz nah dran – manchmal sogar unangenehm nah – und ist doch immer auch in der ganz grossen Welt- und Theatergeschichte. „Beute Frauen Krieg“ ist ein äusserlich und inhaltlich grosser, konsequenter Theaterabend, der klug gedacht, gebaut und inszeniert ist. Einer, der die Mittel des Theaters nutzt und die inhaltliche Verbindung der antiken Texte mit dem Heute zwingend aufzeigt und dabei klar Stellung und Partei nimmt.
(Tobias Gerosa)
Regie
Karin Henkel
Mit
Hilke Altefrohne, Carolin Conrad, Christian Baumbach, Dagna Litzenberger Vinet, Fritz Fenne, Isabelle Menke, Kate Strong, Lena Schwarz, Michael Neuenschwander, Milian Zerzawy
Bühne
Muriel Gerstner
Kostüme
Teresa Vergho
Musik
Arvild J. Baud
Lumières
Michel Güntert
Dramaturgie
Anna Heesen
Produktion
Schauspielhaus Zürich
Premiere am 2. Dezember 2017 im Schauspielhaus Zürich / Schiffbau Halle